Weniger Risiko, mehr Geschäft: Wie sich Anwendungen mit Cloud-Native-Technologien modernisieren lassen

Bestehende IT-Komponenten setzen sich zu einer Wolke zusammen.
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Wer Applikationen modernisiert, flexibilisiert sein Geschäft. „Es geht nicht darum, alte Anwendungen komplett in die Cloud zu schieben“, sagt Ronny Olm von GECKO Software. Worauf es stattdessen ankommt: „IT nicht länger als Erfüllungsgehilfen zu verstehen“, sagt Dr. Josef Adersberger von QAware. Wie agile Software Geschäftsmodelle dynamisiert.

Egal, ob Konzern, Mittelstand oder Start-up – wer betriebswirtschaftliches Know-how mit Cloud-Native-Anwendungen kombiniert, flexibilisiert IT-Systeme und Geschäftsmodelle. Vorteile, deren Relevanz IT-Verantwortliche hierzulande mittlerweile häufig erkennen, wie eine aktuelle Gemeinschaftsumfrage von ISG und EuroCloud Native (ECN) zeigt. Von 200 Befragten, die Cloud- und Cloud-Native-Technologien anwenden oder den Einsatz planen, arbeiten 22 Prozent bereits mit Cloud-Native-Ansätzen. Weitere 27 Prozent planen den Einstieg in den nächsten zwölf Monaten.

Studie: Unternehmen setzen auf kleinere Anpassungen

Was der Markt in Deutschland an Fahrt gewinnt, bremst der Fachkräftemangel aus. Nach Meinung der IT-Marktforscher:innen von ISG zeigt sich das darin, wie der Mittelstand monolithische Alt-Apps in die Cloud-Native-Softwarezukunft bewegt: Jede zweite Firma nimmt lediglich kleinere Anpassungen vor (44 Prozent) – auf Neuentwicklungen setzen nur 27 Prozent. Wer da helfen kann: Spezialisierte Cloud-Native-Provider sind für 85 Prozent der Anwendenden das Mittel der Wahl. Dienstleister:innen wie beispielsweise GECKO Software, Mitglied der release42 Gruppe, und QAware. Beide modernisieren Anwendungen für Konzerne, Mittelstand und Start-ups. Und beide engagieren sich in der ECN, der Cloud-Native-Initiative von EuroCloud Deutschland_eco e.V., dem Verband der Cloud-Computing-Wirtschaft in Deutschland.

Applikationen strategisch entwickeln und modernisieren

Egal, ob veraltete Programmiersprachen, aufwändig administrierbare Systeme oder Sicherheitsrisiken: „Es gibt nicht nur zahlreiche technologische Gründe, um Apps zu modernisieren“, sagt Ronny Olm, Senior Director Software Development bei GECKO Software. „Anforderungen entstehen aus dem Geschäftsmodell heraus“, sagt Dr. Josef Adersberger, Geschäftsführer bei QAware. Von Services im Internet of Things (IoT) über datenbasierte Produkte bis hin zu künstlich intelligenten (KI) Anwendungen: „Wer sich neue digitale Erlösquellen erschließen oder expandieren möchte, braucht moderne Software“, sagt Olm.

Starre Software bremst Geschäftsentwicklung

Ronny Olm, Senior Director Software Development bei GECKO Software
Ronny Olm, Senior Director Software Development bei GECKO Software

Beispiel Warenwirtschaft: „Wer ein Buchungssystem auf JAVA-Basis im Serverraum betreibt, kann Probleme bekommen, wenn das Geschäft wachsen soll“, sagt Olm. Was jahrelang ausgereicht hat, stockt, wenn Multi-Channel-Strategien den Direktvertrieb ergänzen und viele kleine Aufträge statt weniger Großbestellungen die IT herausfordern. „Systeme müssen nicht nur mit dem Geschäftstempo mithalten können, sondern ihm am besten immer einen Schritt voraus sein“, sagt Olm: „Starre Anwendungen können da etwa in der Lagerlogistik zu Engpässen führen.“ Sollen sich viele Waren auf einmal zur Kundschaft bewegen, muss die Software das möglich machen. Olm: „Es reicht schon aus, wenn sich Informationen für Versandlabel nicht parallel und schnell genug aus dem Buchungssystem ziehen lassen, um ein Problem zu haben.“

Altanwendungen bergen Sicherheitsrisiken

Auch an anderer Stelle setzt die IT dem Geschäft oft Grenzen: „Mit Blick auf Sicherheitsrisiken lassen Cloud-Native-Anwendungen ihre monolithischen Geschwister noch älter aussehen“, sagt Adersberger. Beispiel Log4Shell: Anfang Dezember 2021 warnte das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik vor einer gravierenden Schwachstelle im Framework. „Wer das in Legacy-Anwendungen patcht, muss laufende Prozesse unterbrechen, Updates aufwendig verteilen und überall einspielen, wo er die betroffenen Komponenten betreibt“, sagt Adersberger. Anders bei Cloud-Native-Anwendungen. Sie setzen sich aus lose gekoppelten und standardisierten Softwarebausteinen zusammen, die sich leichter administrieren und zentral updaten lassen. „Wir haben unsere Container einmal gepatcht und dann überall ausgerollt“, sagt Adersberger: „Innerhalb von 24 Stunden hatten wir alle Systeme im laufenden Betrieb aktualisiert.“

Cloud-Native-Anwendungen: Intelligent, automatisch, skalierbar

Dr. Josef Adersberger, Geschäftsführer bei QAware

Weniger Risiko und mehr Geschäft – möchte sich der Mittelstand in Richtung Cloud-Native bewegen, muss er verstehen, wie Geschäftssoftware für ihn arbeiten kann. „Die Zeit, in der sich komplette Abteilungen nach Release-Zyklen um Anwendungen herum organisierten, sind vorbei“, sagt Adersberger. „Public Cloud-Software besteht aus Containern, Programmierschnittstellen und Microservices“, sagt Olm. Die standardisierten Bausteine lassen sich zu Apps zusammenweben und intelligent automatisieren, um eigenständig zu skalieren und Ressourcen immer bedarfsgerecht zu provisieren. „Das reduziert die IT-Verbauungstiefe, was Kosten spart“, sagt Adersberger: „Beispielsweise haben wir in einem Projekt über 600 Webanwendungen in die Public Cloud migriert. 10 Prozent der alten Applikationen ließen sich abschalten.“ Nicht anders bei Serverlizenzen: Fixe Basiskosten lassen sich cloud-native dynamisieren.

Software perspektivisch und schrittweise modernisieren

Was die Experten empfehlen, um Software zu modernisieren, ist der Weg der kleinen Schritte: „Im Prinzip lassen sich mit den kleineren Anpassungen, die die Unternehmen bereits vornehmen, große Effekte erzielen“, sagt Olm. „Allerdings kommt es darauf an, zu wissen, wo sich die größten Hebelwirkungen erzielen lassen. Kurzfristige Provisorien helfen nicht langfristig.“ Ausgehend vom Geschäftsmodell der Kund:innen und ihrer individuellen Herausforderungen lassen sich Maßnahmen ableiten. „Wir überlegen, wie wird die Monolithen zerschneiden, um einzelne Bestandteile dort zu betreiben, wo es die größten Vorteile bringt“, sagt Olm: „Es geht nicht darum, alte Anwendungen komplett in die Cloud zu schieben.“ „Und es geht auch nicht darum, immer alles neu zu machen“, sagt Adersberger: „Die Wahrheit liegt in der Mitte.“ Statt Altanwendungen mit viel Geld sofort im Ganzen zu modernisieren, empfiehlt es sich, Systeme perspektivisch und iterativ über die Public Cloud abzubilden.

Analyse der Ist-Landschaft: Schwächen und Chancen identifizieren

Voraussetzung für den Erfolg der Arbeit: „Eine solide Standortbestimmung“, sagt Adersberger. „In den meisten Fällen weist die Ist-Landschaft den Weg“, sagt Olm. Monolithische Anwendungen lassen sich über spezielle Tools analysieren und kartographieren. So ausgewertet und visualisiert sind Schwächen und Chancen identifizierbar. Passend dazu entwickeln die Experten eine Strategie, um die IT-Landschaft zu modernisieren und in die Public Cloud zu bewegen. „Wir bestimmen Anwendungsbalast, verpacken alles schlanker und integrieren die Funktionen, die es braucht, um Apps in Cloud-Native-Ökosysteme einzubinden“, sagt Adersberger. Olm: „Cloud-Native-Apps sind kompakter, starten schneller, sind sicherer, leichter zu überwachen und zu administrieren.“

„Technologische Fragen sind lösbar“, sagt Olm. „Herausfordernd bleibt oft die Kultur in den Köpfen“, sagt Adersberger. Schließlich gehen Chancen moderner Applikationen mit Changeprozessen einher. Wer zum Beispiel Cloud-Native-Anwendungen entwickelt, der muss oft auch ihren Betrieb sicherstellen. „Mehr Verantwortung, die etablierten Firmenstrukturen entgegenläuft“, sagt Olm. Worauf es ankommt: „IT nicht länger als Erfüllungsgehilfen zu verstehen“, sagt Adersberger. Wer erkennt, wie IT-Systeme und Software zur Wertschöpfung beitragen, der beginnt von sich aus, Landschaft und Systeme strategisch zu entwickeln. Adersberger: „Überzeugt von den Vorteilen, schließt sich der interne Wandel logisch an.“

Agile Software braucht agile Organisation

Was sich darüber hinaus empfiehlt: „Ein strategischer Blick aufs Thema“, sagt Dr. Nils Kaufmann, der die ECN leitet: „In einer Zeit, in der Software immer stärker Produkte definiert, müssen Firmen Cloud-Technologien zum Kern ihres Geschäftsmodells machen.“ Wer dann geplant und zielgerichtet neue Märkte erschließt, der entwickelt Business, IT und Kultur abgestimmt und zukunftssicher weiter. Kaufmann: „Agile Software bedarf am Ende einer agilen Organisation.“

Prozesse beschleunigen und verschlanken, um Kosten zu sparen und Risiken zu minimieren – nicht alles, was die Public Cloud verspricht, tritt am Ende genauso ein. Olm: „Wer sparen möchte, erzielt nur dann Effekte, wenn er weiß, wie er die Funktionen ausreizt.“ Gleiches gilt für die IT-Sicherheit: Schließlich bewegen sich die Angriffe von heute auf Ebene des Codes. „Public Clouds bieten stets aktuelle und bezahlbare Sicherheitsfunktionen“, sagt Adersberger: „Entscheidend ist es, die Chancen auch hier cloud-native auszuschöpfen.“

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Über Nils Klute
Nils Klute ist IT-Fachredakteur. Egal, ob für IT-Medien wie heise.de, zdnet.de und silicon.de, für IT-Unternehmen wie SAP, T-Systems und Sony oder für B2B-Agenturen wie Palmer Hargreaves, Pleon Kohtes Klewes (heute Ketchum) und rheinfaktor – Nils Klute schreibt und spricht seit mehr als 15 Jahren über die Themen, die die IT- und Digitalwirtschaft bewegen. Von der Datenwirtschaft mit Gaia-X über Künstliche Intelligenz im Mittelstand bis hin zu Cloud-Native-Technologien - als Projektmanager Kommunikation Cloud Services ist er bei EuroCloud Deutschland_eco e.V. für das Content Marketing rund um die Themen des Verbands verantwortlich. Zudem unterstützt er KI-Projekte wie Service-Meister und Initiativen wie EuroCloud Native, Channel2Cloud oder EuroCloud Next Leaders mit Blogbeiträgen, Namensartikeln, Interviews, Pressemitteilungen, Konzepten und Strategien. Beruflich wie privat ist er auf LinkedIn und Twitter unterwegs.